Drei Arten, wie softwaredefinierte Fahrzeuge die Automobilindustrie verändern werden
Was softwaregestützte Fahrzeuge für Hersteller, Fahrer und Passagiere bedeuten können
Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Sie für die Wartung Ihres Autos nicht zum Händler gehen müssen; stattdessen drücken Sie eine Taste oder Sie rufen an, und das Update geschieht in Echtzeit. In dieser Welt können Sie Ihr Auto mehrere Jahre behalten, und wenn es sich veraltet anfühlt oder Sie eine neue Funktion wünschen, müssen Sie möglicherweise gar kein neues kaufen. Funktionen, an die Sie jetzt vielleicht gar nicht denken – wie etwa die Nutzung Ihrer Rückbank als voll funktionsfähiges zweites Büro mit WLAN und einer Webcam – könnten Realität werden.
Ich lebe bereits in dieser Welt, denn ich fahre ein softwaredefiniertes Fahrzeug (SDV). Dabei handelt es sich um ein Auto, in dem nicht nur die Hardware, sondern auch die Bedienung, das Design und die Nutzererfahrung durch Software gesteuert werden. Die Entwicklung mit einem Software-First-Ansatz ermöglicht es Herstellern, Fahrzeuge im Laufe der Zeit zu verbessern und neue Erfahrungen und Anpassungen sowohl für den Fahrer als auch für die Mitfahrer zu bieten.
Wir befinden uns noch in der Anfangsphase der SDV-Einführung, aber das Wachstum ist beträchtlich. Hersteller setzen auf SDV-Architekturen, die in Kürze das Fahrerlebnis für Verbraucher und die Automobilindustrie verändern werden.
Lassen Sie uns drei Arten betrachten, wie SDVs aus meiner Sicht die Zukunft der Automobilindustrie beeinflussen.
Verstärkte Zusammenarbeit zwischen Technologieunternehmen und Automobilherstellern
In der Elektrotechnik unterteilt man elektronische Schaltungen gern in verschiedene Abschnitte, sogenannte Zonen. Ein Auto kann mehrere verschiedene Funktionen pro Zone ausführen, von der Lenkung bis hin zur Wiedergabe eines Radiosenders. Zonen sind vorteilhaft für Hersteller, da sie alle diese Funktionen auf drei oder vier Platinen zentralisieren. Dies reduziert die Komplexität der Verkabelung und erhöht die Designeffizienz. Die vordere Zone könnte beispielsweise für Funktionen wie Scheibenwischersteuerung, Sitzsteuerung, Lenksteuerung und Scheinwerfersteuerung zuständig sein.
Eine Zonenarchitektur ermöglicht eine einfachere Verwaltung des Softwaresystems, reduziert die Gesamtlatenz und erhöht die Flexibilität für Updates und Modifikationen. Damit ist sie der erste Schritt zur Realisierung eines SDV. Durch die Reduzierung mehrerer Platinen auf nur drei oder vier Zonen können Software-Updates ermöglicht und vereinfacht werden.
Das Herzstück jeder Zone sind Halbleiter. Aus diesem Grund arbeiten Unternehmen wie unseres eng mit Automobilherstellern zusammen, um die Technologien bereitzustellen, die es ermöglichen, dass diese Fahrzeuge auf Softwaresystemen laufen. Dazu gehören beispielsweise eine intelligente Stromverteilung über verschiedene Temperaturen hinweg, skalierbare Computing-Lösungen, Signalaufbereitung zur Sensorüberwachung und Kommunikationsschnittstellen für Fahrzeugnetzwerke wie Controller Area Network, Local Interconnect Network oder Ethernet. Hochintegrierte Radar-Chipsätze tragen dazu bei, Unfälle mithilfe fortschrittlicher Fahrerassistenzsysteme (ADAS) zu vermeiden. Außerdem überwachen Halbleiterbausteine in Batteriemanagementsystemen die Spannung, die Ströme und die Temperaturen, um festzustellen, wann eine Batterie gewartet werden muss.
SDVs zentralisieren die Software und entkoppeln die Hardware von der Software, um schnelle Innovationen zu ermöglichen. Die Software nutzt Daten von Prozessoren, Mikrocontrollern (MCUs) und Sensoren, um die Gesamtleistung des Fahrzeugs zu optimieren und die Sicherheit zu erhöhen, z. B. in den Bereichen ADAS, Batterieüberwachung und -Individualisierung. Während die Branche Chips entwickelt, die immer intelligenter werden und zur Einführung neuer Funktionen programmiert oder modifiziert werden können, müssen Entwicklungsingenieure die dafür nötige Software schreiben.
Software-First-Ansatz
Um die von mir beschriebene Welt zu realisieren, in der alles auf Knopfdruck geschieht, muss Software beim Entwicklungsingenieur an oberster Stelle stehen, um Fahrzeuge flexibel und anpassbar zu machen. Bei SDVs geht es immer um fortlaufende Verbesserungen und darum, was Sie dem Fahrzeug hinzufügen können, auch nachdem es gekauft und bereits gefahren wurde. Durch Entkopplung von Hardware- und Softwareentwicklung können Entwickler ihre Markteinführungszeit verkürzen. Hardwareteams können das Produkt bereits freigeben, während Softwareteams es parallel und in mehreren Schritten kontinuierlich erweitern können.
Ähnlich wie bei der Aktualisierung eines Smartphones können Hersteller Updates und Verbesserungen der Software fortlaufend einführen. Die konsistenten Aktualisierungen von SDVs ermöglichen es Fahrern, ihre Fahrzeuge länger zu behalten. Da die Elektronik im Auto so fortschrittlich ist, können die Fahrer außerdem neue Software-Upgrades bei ihrem Hersteller suchen und auswählen.
Ein softwarebasiertes Fahrzeug bietet den Benutzern die nötige Intelligenz, um das Fahrzeug wirklich zu genießen, und gleichzeitig gibt es den Automobilherstellern die Möglichkeit, die Funktionen zur Fehlerbehebung zu erweitern (wodurch die Notwendigkeit der Interaktion mit den Fahrzeugen verringert wird) oder erweiterte Diagnosefunktionen für Fahrzeuge zu erhalten. Die Implementierung von Hardware in einer Zonenarchitektur reduziert die Gesamtzahl der benötigten Platinen und Arbeitsabläufe, senkt die Kosten für die Hersteller und ermöglicht es den Kunden, ihre Probleme aus der Ferne zu lösen, ohne die Vertragswerkstatt aufsuchen zu müssen.
Chancen für neue Geschäftsmodelle
SDVs haben das Potenzial, sich an verschiedene Arten von Fahralgorithmen und Präferenzen anzupassen. Wenn Sie autonom fahren möchten, kann Ihr SDV eine Funktion implementieren, mit der Sie jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit einen Stopp bei Ihrem Lieblingscafé einlegen können. Wenn sich mehrere verschiedene Familienmitglieder im selben Fahrzeug befinden, lassen sich in einem SDV verschiedene Einstellungen für Musik oder Klimaanlage festlegen, je nachdem, wer gerade am Steuer sitzt.
Diese Beispiele eröffnen Herstellern mehr Einnahmemöglichkeiten. Wenn sich Fahrer für diese erweiterten Funktionen entscheiden, können die Hersteller diese nahtlos in das Fahrzeug integrieren und Zahlungen ähnlich einem abonnementbasierten Modell erhalten.
Schauen Sie sich um – alles wird intelligenter. SDVs können die Integration künstlicher Intelligenz in Ihr Fahrzeug ermöglichen, sodass sie fundierter mit anderen Geräten und einer industriellen Infrastruktur verbunden sind. So kann beispielsweise ein Elektrofahrzeug mit Ihrem Zuhause kommunizieren und es durch Vehicle-to-Grid- oder Vehicle-to-Home-Kommunikation mit Strom versorgen.
Es ist klar, dass SDVs die Automobilindustrie sowohl für die Benutzer als auch für die Hersteller verändern werden, und mit der fortwährenden Nutzung dieser Schlüsseltechnologie in der Branche wird noch vieles mehr möglich.
Mark Ng, Director Automotive Systems in unserem Unternehmen, hat diesen Blog verfasst.